Ergebnis der Politiker-Befragung zur Wiederholungswahl 2023 in Berlin

Politikerbefragung
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Die IG BAU und die NaturFreunde Berlin e.V. hatten am 1. Februar 2023 um 18 Uhr in der Berliner Geschäftsstelle der Naturfreunde eingeladen um vier Politiker zu befragen, die sich zur Wiederholungswahl stellen. Online und präsent verfolgten gut 30 Teilnehmer die Diskussion. Die Fragen wurden vom AK Baupolitik und den Naturfreunden gestellt, die Antworten erfolgten von Politikern aus CDU, SPD, Grünen und Linken. Grundlage für die Fragen waren die Forderungen der IG BAU Berlin zur Wahl im September 2022.

 

Stefan Evers (CDU), Parlamentarischer Geschäftsführer der CDU-Fraktion im Abgeordnetenhaus, wurde gefragt, warum sich seine Partei weiterhin gegen „dauerhafte Sozialbindung“ ausspricht. Stattdessen wolle sie weitere Mittel für Bauförderung von Sozialwohnungen bereitstellen, obwohl deren Bindung nach einer festgelegten Zeit ausläuft. Nur 4% der Sozialwohnungen würden von privaten Unternehmen gebaut, und Vonovia hätte dieser Tage bekannt gegeben, dass sie 2023 ihre Neubautätigkeit einstellen würden. Den Schritt Vonovias bedauerte er. Weiterhin wurde er gefragt nach seiner Opposition gegen Mietermitbestimmung und die Berliner Wohnraumversorgung, die Beratungsaufgaben gegenüber dem Senat und den sechs landeseigenen Wohnungsunternehmen wahrnimmt. Seiner Meinung nach gehöre diese Behörde aufgelöst, ihre Mittel sollten für neue Sozialbauten verwendet werden.

 

Andreas Geisel (SPD),wurde in seiner Funktion als Senator für Bauen und Wohnen zu den Forderungen der Initiative „Deutsche Wohnen enteignen“ befragt. Neben Verdi und GEW unterstützt auch die IG BAU Berlin diese Forderungen. Angesprochen auf die Vorteile für die Mieter, deren Mieten nach einer kürzlich veröffentlichten Studie bei Vergesellschaftung um durchschnittlich um 78 €/Monat sinken würden, verwies der Senator die rechtlichen Risiken einer Vergesellschaftung. Stattdessen warb der Senator erneut für das „Bündnis für Bauen und Wohnen“. IG BAU, DGB und Mieterverein hatte ihre Unterschrift verweigert, da die Zusagen der privaten Wohnungswirtschaft nur unverbindlich sind. Der Senator verwies dagegen, dass diese freiwilligen Vereinbarungen Zeit für die Umsetzung bräuchten.

Auf der anderen Seite waren sich Niklas Schenker (Die Linke), Baupolitischer Sprecher der Linksfraktion und Katrin Schmidtberger (B90/Die Grünen),Wohnungspolitische Sprecherin der Grünen Fraktion weitgehend einig, dass die Forderungen von „Deutsche Wohnen enteignen“ sobald wie möglich umgesetzt werden müssten. Sie verwiesen darauf, dass in der bisherigen Praxis immer nur nach Artikel 14 des Grundgesetzes enteignet wurde, als Einzelenteignungen mit gewissermaßen einem Ausdruck des Bedauerns. Bei der Umsetzung nach Artikel 15 dagegen geht es um die Umgestaltung von Wirtschaftsbereichen, in diesem Fall dem Recht auf Wohnen. Damit könne die Interessenabwägung bei einer Sozialisierungsentschädigung auch anders ausfallen als bei den bisherigen Einzelenteignungen wie bei Flächen für Autobahnen. Fast alle rechtlichen Gutachter wären sich darin einig, dass Entschädigungen unterhalb des Markpreises erfolgen müssten. Die aufgenommenen Kredite würden über Mieteinnahmen von den landeseigenen Wohnungsgesellschaften selbst finanziert, und benötigten nur eine Kreditgarantie des Landes Berlin – und trotzdem konnten die Mieten gesenkt werden. Beide waren sich auch einig, dass die Mittel für sozialen Wohnungsbau nur noch bei dauerhafter Bindung vergeben werden sollten. Niklas Schenker ergänzte, dass statt neuer Areale für Einfamilienhäuser und Stadtvillen nur noch Flächen für Mehrgeschossbauten ausgewiesen werden sollen.

Einig waren sich alle Teilnehmer, dass ein Zielkonflikt zwischen weiterer Versiegelung und Neubau besteht. Diese gilt insbesondere, da laut Koalitionsvereinbarung ab 2030 keine weitere Versiegelung erfolgen soll. Die Naturfreunde bereiten hierfür eine Volksinitiative vor, die den verpflichtenden Erhalt und Ausbau innerstädtischer Grünflächen, inklusive Kleingärten vorsieht.

Einig waren sich alle Diskutanten, dass unter Klimagesichtspunkten die Renovierung von Bestandsbauten vor deren Abriss ginge. Lobend war festzustellen, dass sich alle Fragenden auf zwei und alle Antwortenden auf vier Minuten Redezeit beschränkten.

Nach Abschluss des offiziellen Teils wurde noch lange weiterdiskutiert.